28.06.-02.07.2013
„Beim vierten Mal müsste es eigentlich klappen“ – dachten wir, das letzte Juniwochenende erneut fürs Wettersteingebirge und konkret für den Jubiläumsgrat einplanend. Doch auch diesmal kam es anders als gedacht: Anhaltende Schneefälle in den Wochen davor sorgten für rein winterliche Verhältnisse, schlechter Wetterbericht im gewünschten Zeitraum für berechtigten Pessimismus. Trotzdem fuhren wir übers lange Wochenende in die Berge: Notfalls wird halt „normal“ gewandert.
Am Ferchensee gestartet, genossen wir die erste bislang schneefreie Unternehmung dieses Jahres. Nach dem langen Winter war es ein durchaus komisches Gefühl, über den festen Boden zu gehen und die wunderschönen Blumenteppiche statt monochromen Schnees um sich herum zu haben.
Übernachtet wurde im Schachenhaus: Hier war ich bereits vor Jahren, als mich auf meiner ersten selbstständigen Alpenwanderung ein heftiger Wintereinbruch mit Schneefällen bis ins Tal erwischte. Wie damals schmeckte der Kuchen hervorragend und gut gestärkt starteten wir am nächsten graufeuchten Morgen in die Richtung des Kreuzeckhauses.
Nach einer angenehmen Wanderung, ohne allerdings viel zu sehen, kamen wir an der Hütte an. Hier sollte der interessante Teil der Tour beginnen – Aufstieg zur Alpspitze und über das Matheisenkar der Jubigrat – die Schneelagen zeigten aber eindeutig, dass es wohl kaum gehen wird. Trotzdem entschieden wir, am Morgen auf die Alpspitze zu steigen und dann weiter zu schauen.
Die Alpspitzferrata – ein Negativbeispiel der Klettersteigbaukunst. Eine an sich schöne und logische Linie, die man bei guten Verhältnissen bestens ohne Seile aufsteigen könnte, verunstaltet durch Tonnen an Sicherungen und vor allem unnötigen künstlichen Tritten. Bei dem herrschenden bescheidenen Wetter war es zwar trotzdem eine schöne Tour, insgesamt hat uns aber der Berg eher leid getan.
Wie erwartet war das Matheisenkar tief verschneit und nicht gespurt. Wir genossen die winterliche Stimmung auf dem Gipfel und kehrten auf demselben Weg zurück (jetzt waren die Sicherungen willkommen…) und stiegen danach zur Höllentalangerhütte ab.
Wenn schon der Grat nicht klappt, so wollten wir zumindest mal wieder auf die Zugspitze – für zwei von uns war dies die 4., für die dritte die 2. Höllentalbegehung. Auch das Wetter sollte schön werden, ideal für eine nette Klettersteigtour. Allerdings sollte es der erste Aufstieg nach den Schneefälen werden – so unglaublich wie es klingt, aber seit 2-3 Wochen war niemand übers Höllental auf die Zugspitze gestiegen.
Jetzt schmiedeten mehrere Personen diese Pläne und wir verabredeten uns sogar mit zwei Bonnern zum gemeinsamen Spuren, jedoch waren sie zur besprochenen Zeit bereits verschwunden. Wir starteten wie geplant gegen 5 Uhr und stoßen schon zu Beginn des Moränengeländes auf die geschlossene Schneedecke.
Am Gletscher begann der spannende Teil der Tour: Ununterbrochen sturzten kleine Lawinen und Steinschlag den gegenüberliegenden Hang hinunter, langsam floß der Lawinenkegel talauswärts. Die Spur wurde zweckmäßig gelegt und wie wir später erfuhren, ein paar Tage später durch Bergführer ausgebessert. Jetzt waren wir aber froh, den Lawinenkegel und den Ferner generell zu verlassen und die letzten 500hm lawinensicher anzugehen.
Der Klettersteig war ebenfalls noch verschneit, teilweise inklusive der Sicherungen. Die phantastische, winterliche Kulisse sowie ständiges Lawinen- und Steinschlagdonnern von der Nachbarwand verliehen diesem sonst einfachen Aufstieg eine beeindruckende alpine Note und machten die Tour zu einem unvergesslichen Erlebnis. Dies schienen auch die Seilbahntouristen zu spüren: Wie im Kino beobachteten sie uns, die in T-Shirts das schneebedeckte Steilgelände hochturnten. Eine bizarre Situation, einerseits von dutzenden Menschen gesehen zu werden, andererseits zu wissen, dass man auf sich selbst gestellt ist und sich stellenweise wirklich keine Fehler erlauben darf. Unter anderem letzte Sicherungen waren unter dem Schnee vergraben und es ging den etwa 50° steilen Hang hoch.
Insgesamt haben wir bis zum Gipfel 8h gebraucht – länger, als die letzten Male vom Tal aus! Und genauso wie für die vom Reintal Aufgestiegenen – auch sie waren die ersten seit langer Zeit – ging es mit der Seilbahn runter. Die Schnee- und Lawinenlage waren inzwischen zu heikel, um zu Fuß abzusteigen.
Auf diese Weise ganz leicht dem Berg entkommen, legten wir uns ans Ufer des Eibsees uns entspannten bei leckerem Eis, vor den Augen stand aber immer noch das winterliche Panorama des heutigen Morgens. Die Tour war zu 100% gelungen, auch ohne den Grat!!!
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