Unwiderstehlich sonniges Herbstwochenende wurde uns versprochen und auch die Verhältnisse schienen perfekt zu sein. Als dann auch noch ein Freund fragte, ob wir zu dritt eine Tour gehen wollen, war die Entscheidung gefallen – die Männer können sich die Spurarbeit teilen und ich, inzwischen in der 28. Woche schwanger (s. Disclaimer ganz unten), gemütlich hinterher stapfen. Dass es die letzte Hochtour des Jahres wird, war dabei zu erwarten, dass sie aber so genial wird und so gut geht, war ein unglaubliches Geschenk.
So reisten wir am Freitagabend an und übernachteten am Klausenpass. Wie in den letzten Monaten üblich, schlief ich sehr schlecht und freute mich auf den Morgen. Und dieser ließ sich sehen: Über den Tälern zu beiden Seiten des Passes lag eine Wolkendecke, während über uns erst Sterne funkelten und später die Sonne strahlte.
Der Pfad in Richtung Clariden war einfach zu finden und gespurt. Das Steigen fiel relativ schwer und ich merkte auch mein vor zwei Monaten zerlegtes (Bänderriss) Sprunggelenk, sodass sogar Zweifel aufkamen, ob diese Tour eine gute Idee war. Doch die Aussicht war großartig und selbst wenn wir nicht auf den Gipfel kämen, hätte sich der Tag gelohnt.
Am frühen Nachmittag auf dem Claridenpass angekommen, legten wir eine ordentliche Pause ein und genossen den spektakulären Ausblick. Dann wurde beschlossen, nicht wie gedacht den Gipfel zu überschreiten, sondern direkt zur Planurahütte zu gehen, denn der Gletscher dorthin war ungespurt und der Zeitaufwand kaum einschätzbar. Dass die Entscheidung richtig war, zeigte sich später: Zum einen zog sich die ungespurte Querung in die Länge und zum anderen standen wir irgendwann gegenüber der Hütte und hatten keine Ahnung, wie wir rüberkommen sollen. Ein riesiger Windkolk zwischen uns und der Hütte machte einen Schlenker notwendig, der wiederum Zeit und Energie kostete. Nach wie vor war jeder Schritt aber so schön, dass ich nahezu „high“ war.
Der Winterraum der Planurahütte besteht aus einem winzigen Aufenthaltsraum mit einem mäßig guten Ofen (wir wurden von der Hüttenwirtin gewarnt und hatten unseren Kocher bei) und einigen Schlaflätzen im Obergeschoss. Die Aussicht war jedoch genial und auch den bescheidenen Komfort nahmen wir nach dem langen Tag dankbar an.
Am Morgen ging es auf den Clariden-Gipfel über den Normalweg. Die gerade einmal 320hm machten die Unternehmung entspannt auch vom Kopf her und trotz des eisigen Windes standen wir bald auf dem Gipfel. Abgestiegen wurde über den teilweise kettenversicherten Westgrat, der einen atemberaubenten Ausblick bot und für mich zum emotionalen Highlight des Jahres wurde, denn die Wahrscheinlichkeit, in der fortgeschrittenen Schwangerschaft und dem Herbst noch eine Hochtour zu gehen gegen Null ging. Der restliche Abstieg zog sich etwas, wie auch die Rückfahrt, die wunderschönen Bilder des Wochenendes begleiten mich aber heute noch.
Fazit: Clariden ist eher als ein Skigipfel bekannt und ich verstehe, warum – die weitläufigen Hänge sind für genussvolle Abfahrten wie gemacht. Aber auch im Sommer/Herbst ist es eine moderate (WS) Hochtour mit einer gewaltigen Aussicht (u.a. auf den Tödi), welche sich auch für Einsteiger eignet.
Ausrüstung: Gletscherstandardpaket. Sollen Anfänger am Westgrat gesichert werden (z.B. bei Schnee), zusätzlich 2-3 Exen.
Disclaimer: Nach offiziellen Empfehlungen sollen Schwangere nicht in Höhen über 2500m aufsteigen, wobei die Datenlage spärlich ist und zu Schwierigkeiten in der Einschätzung und somit eher konservativen Empfehlungen führt. Auch sind sportliche und insbesondere Bergaktivitäten in der Schwangerschaft vorsichtig anzugehen und im Zweifel ärztlich zu besprechen. In meinem Fall war die Schwangerschaft stabil, die Tour für uns einfach und mein Selbstbefinden in den Bergen stets besser als zu Hause. Auch hat mir mein Mann alle gemeinsamen und alle schweren Sachen abgenommen. Das Risiko einer Bauchverletzung z.B. im Rahmen eines (Partner-)Spaltensturzes haben wir aufgrund der Route als sehr gering bzw. vernachlässigbar eingeschätzt. Bei konditionellen Problemen hätten wir die Tour abbrechen bzw. abkürzen können. Diese Tour war also für meine Situation passend, soll aber nicht dazu verleiten, unüberlegt in die Berge zu gehen.