Zeltgespenst

…ist unterwegs!

Pico de Aneto (3404m)

20.-22.09.2011

Pico de Aneto ist mit 3404m der höchste Berg der Pyrenäen. Er ist gut zugänglich und für die Pyrenäen recht erschlossen, zieht Massen an Touristen an und ist gut mit anderen Touren sowie Strand- und Kultururlaub kombinierbar. Informationen im deutschsprachigen Netz unterscheiden sich jedoch sehr: Die einen beschreiben einen Wandergipfel, die anderen warnen davor, diesen Berg aufgrund der südlicheren Lage zu leicht zu schätzen. Fakt ist, dass der, an sich einfacher, Aneto wie jeder anderer bekannter Gipfel viele unerfahrene und schlecht ausgerüstete Touristen anlockt und ihnen dann unter Umständen zum Verhängnis wird.

Aussicht vom Pyrenäen-Dach

Am frühen Nachmittag kam ich in Benasque an und da es keinen Bus mehr höher ins Tal gab (September), lief zu Fuß los. Der Weg beginnt direkt hinter dem Ort und ist nicht zu verfehlen. Ca. 1,5 Stunden später ist man am Fahrweg ins Vall de Vallibierna und kann rechts den Pfad in den Wald nehmen. Dieser ist schön und ursprünglich und führt immer stärker ansteigend zurück zur Schotterpiste, über die man (irgendwann fluchend, da zieht sich) das Refugio de Coronas auf 1970m erreicht. Dies war schon mein erster Tag, wobei ich diese etwa 16-17km mit  850hm (3`45h) bei der Hitze durchaus ausreichend fand.

Bénas-Tal
Valle de Benás

Die Gegend unterscheidet sich wenig von den Alpen, nur die andere herrschende Kiefernart lässt ahnen, dass man woanders ist. Unterwegs kamen mir mehrere Autos entgegen und vorm Refugio standen noch 10 (!). Und das obwohl es Herbst ist und unter der Woche!!! Den Rest des Tages wurde gechillt 😉 Für Fotobegeisterete gibt es einige wunderschöne Bäche, dessen Wasser von den Einheimischen allerdings nicht getrunken wird (mir passierte nichts, hatte keine Wahl weil zu heiß).

unterwegs zum Ref. de Coronas
unterwegs zum Ref. de Coronas
Bach am Refugio

 

 

Und hier der Abend. Wie wird es wohl? Werde ich im Refugio/morgen beim Aufstieg alleine bleiben? Wie sind die Verhältnisse oben? Die Sonne versteckte sich hinter den Bergen, es wurde rasch frisch und ich verzog mich in die leere Hütte. In der Nacht wartete ich auf Ratten/Mäuse, die sich auf die Suche nach meinem Essen machen würden. Es waren aber nur noch zwei Wanderer, die mich besuchten und sich leise schlafen legten.

Um 7 Uhr in der Früh, gefühlt mitten in der Nacht, machte ich mich auf den Weg. Mond beleuchtete den Weg… Sterne funkelten. Ich ging langsam meditierend rauf und… verstieg mich im Dunkeln. (Der Weg ist nur mit Steinmännchen markiert und stellenweise leicht zu verfehlen). Kletterte mühsam einen Geröll- und Blockfeld hoch und querte dann zum richtigen  Pfad, schon ziemlich ausgepowert. Sobald man aber die drei Seen erreicht (inferior, medius, superior auf ca. 2800m), bekommt man eine Auszeit zum verschnaufen – es ist fast flach.

an einem der drei Seen

Hier frühstückte ich und beobachtete zwei junge Männer, die in Richtung eines anderen Gipfels aufstiegen, aber plötzlich zu mir umkehrten.  Da ich mich gerade schon wieder etwas verstieg (=Höhenmeter!) und mich ärgerte, wollte ich zumindest die beiden warnen und zeigte in die richtige Richtung. Antwort – keine. Wir stiegen mehr oder weniger zusammen weiter, bis die beiden plötzlich verschwanden.  Etwas später habe ich sie in einem steinschlag- und absturzgefährlichen Steilhang über mir entdeckt – Kinder, was macht ihr dort? Nach vielen Versuchen, uns durch Rufe zu verständigen (schwierig, wenn man die Sprache eh nicht kann), stieg einer etwas ab und ich zu ihm auf. Karte gelesen, gemeinsam ein Stück abgestiegen. Aber das Eis war gebrochen, weiter, nun richtig, ging es ohne Absprache zusammen. Die Morene links vom kleinen Gletscher scheint schier endlos zu sein, doch oben wird man mit der bis jetzt besten Aussicht belohnt. Generell fand ich den Weg aber relativ langweilig und fast unschön.

endlose Moräne
Aufstieg über die Moräne

Ab der Scharte (Collado de Coronas, 3208m) geht man auf dem Normalweg weiter. Wir legten Steigeisen an und freuten uns auf den Gletscher, waren aber überrascht, schon nach einem hundert Meter zu einer längeren Felspassage zu kommen. Dachten schon, das wäre es, verstauten Steigeisen… Und sahen gleich danach blankes Eis vor uns.

endlich auf dem Gletscher!
weiter übers Eis
weiter übers Eis
letzte Meter!
letzte Meter!

Der Gletscher wird weit oben gequert, Spur war vorhanden, keine Probleme. Noch ein Blockfeld (wo bleibt die Luft?) und wir sind vor dem Paso de Mahoma. Das ist ein kurzes Gratstück, vor dem Spanier viel Respekt haben und einige umdrehen, einige seilen sich an.  Mehr als 30m etwas luftiger, aber leichter Kraxelei (I°+) sind es aber nicht. Gipfel!!! Und T-Shirt-Wetter auf 3400m, wenn das nicht schön ist! Ich habe zur kompletten (und benötigten) Biwakausrüstung noch ordentliche warme Sachen, EH-Set usw. geschleppt, was bei manchen mit 20l-Rucksäcken ankommenden für Staunen sorgt. Naja, genauso wie bei mir ihre 20l…

3404m
3404m

Beim Rückweg kletterten wir noch zur Gletscherhöhle kurz vor der Scharte runter, bevor der unendlich lange Abstieg im Geröll begann. Die beiden schienen allen physikalischen Gesetzen zum Trotz runter zu fliegen, während ich mich richtig beeilen musste um einigermaßen mitzuhalten.

Abstieg - lang und steinig
Abstieg – lang und steinig

Ausflug zur Eishöhle
Ausflug zur Eishöhle

Wir stiegen über die Morene zu den drei Seen (wo sie wieder versucht haben, ein paar extra Meter zu machen) und weiter zum Ibon de Coronas, einem weiteren See, ab. Hier endete endlich das Geröll und es ging auf einem wunderschönen Waldpfad weiter.

 

endlich wieder im Grünen
wieder im Grünen

Geschätzt gegen 18 Uhr waren wir am Rif. de Coronas… Und während andere in ihre Wagen stiegen, hatten wir noch die ganze Schotterstrasse vor uns. Noch mal 8km-600hm. Macht mindestens 2100hm im Abstieg und Dank des Verlaufens ca. 1700hm im Aufstieg.   Dabei sind die beiden heute früh nicht am Rifugio, sondern im Tal gestartet und entsprechend mehr Höhenmeter gemacht! Sie hatten einen ähnlichen Plan auch für den nächsten Tag, das Ganze als Vorbereitung für den Mont Blanc nächste Woche. Viel Glück!!!

Netterweise wurde ich zu meinem Camping mit dem Auto gebracht, was mir weitere 4-5km  Fußmarsch ersparte. Dort unter die Dusche und ab in den Schlafsack unter dem sternbedeckten Himmel; fertig und glücklich. Um halb sechs Uhr morgens noch ein 45min-Spaziergang zurück nach Benasque und von dort Bus nach Hause. Und mittags, geheimnisvoll lächelnd, wieder zur Uni…

Benasque am frühen Morgen
Benasque am frühen Morgen

Fazit

Pico de Aneto ist kein besonders schöner, aber aufgrund einiger Faktoren (Höhe, Kult, eins der wenigen Gletscher in den Pyrenäen) für viele interessant. Ich kann mir vorstellen, dass eine Besteigung im Winter oder Frühjahr deutlich schöner ist als im Sommer, wo man außer einem großen Geröllhaufen nicht viel sieht.  In der Gegend um Benasque gibt es allerdings eine Menge Dreitausender (in den Pyrenäen insgesamt über 200); für mehrere von denen ist Ref. de Coronas der perfekte Startpunkt.

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