„Da ist es unmöglich, durchzufallen“ – sagten die einen. „Wir sind auch mal im 7. Grad geklettert“ – erzählten die anderen. „Ich kenne jemanden, der wegen Verklettern durchgefallen ist“ – auch das noch. Puh, habe ich da überhaupt etwas zu suchen? Ich, die doch recht unerfahren im Fels ist und auch im Eis gern nachsteigt? Oder meinen sie es ernst mit nur mittelschweren Hochtouren und dem 3. Grad im Fels als Anforderungen – dann kann doch auch bei mir nicht viel schief gehen? Solche Fragen sind mit Sicherheit einigen Interessenten bekannt und da es im Netz relativ wenig Inoffizielles über die Ausbildung zu finden ist, möchte ich erzählen, wie sie bei mir aussah.
Disclaimer: Dieser Bericht basiert auf den von mir 2019 besuchten Kursen und teilweise Eindrücken anderer Teilnehmer. Der Ablauf und alles andere können sich mit der Zeit ändern oder je nach Kurs oder Ausbildungsteam unterscheiden!
Der Felskurs
„Anna, was machst du dort?!“ Auweia. Das war es. Ich wusste bereits, dass ich zu weit geklettert bin, hoffte aber, dass es nicht sofort auffällt. „Du hast dir das Topo nicht angeschaut!“ Doch, habe ich…. IVer-Länge, zum Schluss links aufs markante Band, dort ein Stand. Und ich bin gerade erst 20-25m über Boden und es hat sich eher wie eine II+ angefühlt, also stieg ich weiter, das erste Band ignorierend. „Ja, habe schon selbst gesehen, komme runter!“ – das Topo inzwischen in der Hand, war ich einige Augenblicke später am Stand und holte die beiden Nachsteiger, darunter den Ausbilder, deprimiert nach. Hat ja nicht lange gedauert, bis du es vergeigt hast, Flachländerin. Ob du überhaupt weiter mitmachen darfst?
Die Route war sehr schön und einfach. Ob man sie mit Kletter- oder mit Zustiegsschuhen geht, wurde uns selbst überlassen und die meisten entschieden sich sicherheitshalber für Kletterschuhe. Wir wechselten uns ab, waren trotz Ausbildungsinhalte und 1,5h Zustieg bald auf dem Gipfel und zum Mittagskuchen wieder an der Hütte. Es hätte ganz nett sein können, wenn nur nicht ich gewesen wäre.
Vor zwei Tagen kamen wir in der Nachmittagshitze hier an der Blaueishütte an. Ich habe am Tag vorher meinen heiß geliebten Job und meine wunderschöne Wohnung aufgegeben und verabschiedete mich nun recht traurig von Köln – vorerst für immer. Vor zwei Tagen entschied sich außerdem endlich, ob und mit wem ich demnächst nach Tadschikistan fliege (mein eigentlicher Tourenpartner verletzte sich und die Pläne mussten spontan geändert werden). Die Anspannung der letzten Monate steigerte sich in diesen letzten Tagen abermals – so kam ich glücklich, dass es endlich vorbei ist, aber auch ziemlich abgekämpft und empfindlich beim Kurs an.
Der erste Tag war den Kletterbasics vom Einbinden über den Standplatzbau bis zum Seilhandling in verschiedenen Situationen gewidmet. Alles wurde noch einmal gezeigt, erklärt, wiederholt. Obwohl nichts ganz Neues, gab es dennoch viele ungewohnte Kleinigkeiten, die später auch entsprechend erwartet wurden. Vieles wurde direkt zu Beginn standardisiert, z.B. wurde uns die Selbstsicherungsschlinge abgenommen, was jemanden, der sie gewohnt ist (also zumindest alle nördlich des Weißwurstäquators) sich ganz schön nackt fühlen lässt.
Das leicht instabile Wetter bestimmte den weiteren Kursverlauf. Die besseren Tage wurden für die beiden Halbtagestouren eingeplant, ansonsten blieben wir in der Nähe der Hütte. Es ging um 6 Uhr mit dem Frühstück los, gegen 22 Uhr lagen die meisten von uns im Bett. Leerlaufzeiten reichten für einen Kaffee mit einem der berühmten Blaueishütten-Kuchen oder zum Abendspaziergang aus, langweilig wurde es aber nie. Von anderen Trainern hört man, dass sich der Tagesablauf stark unterscheiden kann, so sollen manche nicht vor 8 Uhr auf den Federn krabbeln.
Ich hatte meine Schwierigkeiten, voll reinzukommen. Zum einen schlief ich schlecht – ich erwischte ein Bett direkt neben dem Kamin (dieser war auch im Sommer heiß, weil in der Küche gekocht wurde) – bei der stehenden Hitze und für die Kälte liebende mich eine Qual. Zudem brachte mich jeder noch so kleine Fehler immer mehr aus dem Konzept und es kostete Überwindung, weiter zu machen. Auch die erste Lehrprobe – der Versuch, anderen etwas beizubringen – lief suboptimal. „Zu viele Infos, zu wenig Struktur“ – hieß es im Feedback. Für mich, die nicht selten gerade für gut verständliche Erklärungen gelobt wird, ernüchternd. Insgesamt war jedoch alles freundlich und der Gruppenzusammenhalt klasse.
Nach den mehr oder weniger praktischen Übungen tagsüber folgte vor und teilweise auch nach dem Abendessen der ziemlich kurzweilige Theorieunterricht. An einem Abend stand außerdem das Sportklettern auf dem Programm und wir verteilten uns auf die Routen in der Nähe der Hütte.
Während sich die besseren Kletterer in schwereren Routen (ab VI) vergnügten, entschied sich der Rest, mich inklusive, für die leichten – es gab genügend IIIer; IVer-Ver aber so gut wie keine. Es wurde jedoch bald langweilig und so wechselten auch wir in eine VI+ („Naja, sie ist schön, aber ziemlich hart bewertet – könnt ihr gern versuchen!“), wobei ich für mich sehr skeptisch war, was die Erreichbarkeit des ersten Hakens betrifft.
Mein Kletterpartner sah es deutlich entspannter und kletterte los, stürzte jedoch beim Klippen der ersten Exe und zog sich eine, zum Glück nicht zu schwere, Prellung zu. Ich fand mich in einer spannenden Lage wieder – soll ich es wagen, was der herrschenden Stimmung entsprach, oder übernehme ich mich dabei? Letztendlich kam ich problemlos in eine sichere Höhe, flog dann einige Male und übergab die Route an einen besseren Kletterer, der es jedoch auch nur eine Zwischensicherung weiter schaffte.
Das Auspowern hat unglaublich gutgetan und lockerte die (meine) Stimmung merklich auf. Außerdem war es die Gelegenheit für die Ausbilder, uns in einer ganz anderen Situation zu sehen, was vermutlich auch das Ziel der Aktion war. Und auch wenn es durchaus den ein oder anderen motivierenden Spruch gab, wäre niemand verurteilt gewesen, wenn er nicht über die geforderte III gestiegen wäre.
Nach einer Zwischenbilanz ging es in die beiden Prüfungstage. Zum einen gab es erneut eine Lehrprobe, diesmal bewertet, und zum anderen eine kleine Mehrseillängentour. Wir wurden wie auch bei der ersten Tour gefragt, welche Routen wir klettern wollen und wie auch damals entschieden sich 2/3 für die beiden leichten (III-IV) und 1/3 für eine deutlich schwerere (VI?) und längere Kletterei. Ich war leicht unterwegs und fand das Kraxeln sehr entspannt. Auch sicherungstechnisch gab es kaum Möglichkeiten etwas falsch zu machen – es gab genügend Haken und teilweise Schlingen, sämtliche Stände waren vertrauenswürdig gebohrt und teilweise gab es mehrere nebeneinander. Nach 6 Seillängen mit kurzem Zustieg (einige davon kletterten wir sicherheitshalber am Vorabend zum Anschauen, wäre aber nicht nötig gewesen) waren wir mittags wieder an der Hütte und aßen Kuchen.
Diesen Kursteil haben alle, inklusive der zwei Nachprüflinge, bestanden. Das Gruppenfeedback am Ende war gut – wir sollen eine überdurchschnittliche, homogene Gruppe gewesen sein. Persönlich wurde nichts gesagt, was ich nicht erwartet hätte; die konkreten Fehler der ersten Tage, die mich so geärgert haben, wurden dabei nicht erneut aufgegriffen.
Insgesamt war der Kurs dank der vielen Kleinigkeiten durchaus lohnenswert und gerade ich, die im Fels mal hier, mal dort etwas gelernt, aber kein systematisches Wissen hatte, habe davon profitiert. Für routinierte Mehrseillängenkletterer dürfte vieles geläufiger sein, aber auch sie „beklagten“ vieles, was anders gewünscht wurde. Schwierigkeitstechnisch braucht man sich keine Sorgen zu machen: Mehr als den III., maximal den unteren IV. Grad muss man nicht klettern (kann aber gern) und die Prüfungsrouten an der Blaueishütte, wo viele Kurse stattfinden, sind plaisiermäßig abgesichert und eher weich bewertet.
Der Eiskurs
Einen Monat nach dem Felskurs ging es für mich ins Gepatschtal für den zweiten TCBS-Kurs. Die Kombination Gepatschhaus/Rauhekopfhütte als Stützpunkte war zum ersten Mal im Programm, daher hatten die Touren teilweise einen Erkundungscharakter. Ich freute mich dabei sehr auf die Rauhekopfhütte, die ich von früher als schön gelegen und sehr urig kannte.
Zum Gepatschhaus kommt man mit dem Auto, ein Zustieg fiel also weg. Zu viert waren wir etwas zu früh da, also ging es direkt in den nah gelegenen Klettergarten, um den Fels zu testen – schon mal ein sehr angenehmer Start. Abends lernten wir die Gruppe und unsere Ausbilder kennen (wie auch im ersten Kurs ultraerfahren und auch Bergführerausbilder) und lauschten ihren Überlegungen was das Wetter betrifft: Eine Front traf ausgerechnet in unserem Gebiet auf einen Föhn und es galt abzuschätzen, ob, wann und welche Touren möglich sein werden.
Auch am ersten Morgen sah die Welt grau und verregnet aus. Die Hoffnung auf Besserung bestand aber wohl (was wir, Teilnehmer, kaum glaubten) und so starteten wir zu einer ersten Tour, wobei der Schwerpunkt auf der Umweltbildung zu liegen schien. Mir war es recht – ich hatte nagelneue D-Stiefel an und konnte mich in Ruhe im Fels wie im Schnee an sie gewöhnen. Das Wetter besserte sich für eine Weile tatsächlich und wurde erst nach der Rückkehr wieder schlecht, was uns später bei einer ausführlichen Wetter-Theorieeinheit erklärt wurde.
Am nächsten Tag ging es über einen hüttennahen, einfachen Klettersteig hoch (ein aktuelles Klettersteigset holte ich mir während der Anreise – und nicht nur ich!) und später für die Spalten-Trockenübungen usw. an die Felsen. Alles war super entspannt und wurde nochmals erklärt.
Es gab mehrere Gründe, uns auf die Rauhekopfhütte zu freuen. Zum einen hat sich herumgesprochen, wie gemütlich sie ist. Zum anderen wollten wir endlich „richtig“ in die Berge. Und nicht zuletzt fanden wir das Gepatschhaus, welches eher auf Tagestouristen ausgelegt ist, nicht immer ideal für uns. Auch freuten wir uns, der Hütte etwas Gutes tun zu können und brachten sage und schreibe 30kg Brotbackmischung hoch (die haben wir dann aber auch dezimiert). So lief ich am schwühlwarmen Morgen, als es hoch ging, fröhlich voran – „zu schnell und die Ausziehpause viel zu spät“. Nun ja, das ist den Jungs, mit denen ich sonst unterwegs bin, zu verdanken…. was sind nochmal Ausziehpausen? Die Wetterstimmung war dabei wunderschön, wir sahen sogar einen Brockengespenst.
Die „Steigeisenschule“ im Gletscherbruch unterhalb der Hütte war super – mehrere Stunden lang spielten und kraxelten wir rum, die Grenzen des sauberen Tretens suchend. Da nahmen wir es auch gern in Kauf, vor dem Regen etwas zu spät dran zu sein und triefendnass an der Hütte anzukommen. Dort war es wie erwartet warm, gemütlich und das Abendessen hervorragend und mehr als genug – und dann wurden wir beim abendlichen Mafia-Spiel mit den freiwilligen Wirten eiskalt „umgebracht“.
In den nächsten Tagen ging es wie gewohnt in zwei 6er Gruppen auf Tour und zur Spaltenbergung. Das Interessante dabei waren fehlende Informationen über die Touren, was ihnen explorativen Charakter verlieh. So konnte ein Gipfel wegen Ausaperung nicht sinnvoll gemacht werden und über die andere Tour hieß es vom Hüttenwirt, dass sie jemand zuletzt versucht habe, aber umgedreht sei. Wir fanden sie (Fluchtkogelüberschreitung) einfacher als gedacht (II°, Einstieg ist die Schlüsselstelle) und ideal zum Wiederholen der Führungstechniken. Die Spaltenbergung wurde in 3er-Seilschaften geübt und war bei guten Verhältnissen bei uns sehr entspannt, sodass wir, Teilnehmer, schon mal von uns aus auf die Stoppuhr geschaut haben.
Im Nebel hatten wir die Gelegenheit, Orientierung zu üben… ….doch irgedwann wurde es besser. gut versenkt 🙂 …und der Nächste kommt auch schon!
Die Zeit ging sehr schnell vorbei und schon stiegen wir wieder zum Gepatschhaus ab. Unterwegs gab es den ersten Prüfungsteil – Spaltenbergung inkl. Selbstrettung (am Fels, aber mit Handschuhen und Rucksäcken) und zugeloste, sehr einfache Basic-Aufgaben aus dem Teil 1 (Schleifknoten machen, umbauen am Stand, jemanden ablassen usw..). Die Atmosphäre war freundlich und die Ausbilder in ihrer Anwesenheit kaum wahrnehmbar, einen nicht zugeschraubten Selbstsicherungskarabiner sahen sie aber natürlich trotzdem. Dieser führte beim Betroffenen zum Durchfallen in diesem Prüfungsteil, was aber fürs Gesamtbestehen akzeptabel war.
Theoriefragen, wie auch z.B. einhändiges Knüpfen der Knoten, wurden schon mal abends vor dem Schlafengehen geübt. Die Prüfungsfragen werden von den Ausbildern ausgewählt und die weniger gelungenen gemieden; auch kann man bereits vorher einigermaßen abschätzen, in welche Richtung es gehen kann und ggf. nachfragen. Es gab Teilnehmer, die die Fragen im Kurs zum ersten Mal gesehen haben – bestanden haben trotzdem alle. Und auch der letzte Prüfungsteil, bei uns die Überschreitung der Weißseespitze (eine Gruppe von Ost nach West, die andere andersherum), war weit unter unserer Komfortgrenze und die Stimmung angenehm.
Weißkugel von der Weißseespitze Ein letztes Mal das Seil einpacken…
Insgesamt fand ich die Woche sehr viel entspannter als den Felskurs, was aber auch an mir liegen kann. Andere Teilnehmer meinten, dass sie es umgekehrt empfinden. Sie sagten, dass bei ihnen der Felskurs eher einer Unternehmung mit Freunden ähnelte, während wir im Eiskurs schon mal das Problem hatten, dass die Ausbilder vom Stil her sehr unterschiedlich waren und teilweise gegenteilige Meinungen äußerten. Mich störte es wenig – beide Wege waren nachvollziehbar und ich konnte mich zuerst dem jeweiligen Ausbilder anpassen und dann entscheiden, wie es mir besser gefällt.
Das Feedback war sehr positiv; ein Teilnehmer hat es aber leider nicht geschafft. Woran es genau lag, kann ich nicht sagen; wahrscheinlich war es eher der Gesamteindruck als ein konkreter schwerer Fehler. Für mich ging es gemütlich zu Ende und nach einem letzten Frühstück fuhren wir in der gleichen Fahrgemeinschaft wie zu Beginn zurück.
Die Trainer C Ausbildung ist somit zu Ende. Beide Kurse haben sich für mich gelohnt, unter anderem um das, was ich sowieso schon kann, zu überprüfen und zu ordnen. Auch hatten wir beide Male super Gruppen und die Stimmung war fantastisch, was den Spaßfaktor deutlich steigerte. Der Frauenanteil war jeweils recht hoch (30-45%). Ich wünsche allen Interessenten lehrreiche Kurse, viel Spaß und Erfolg! Man sieht sich auf Tour!