24.-27.11.2015
Selten wird die Wetterentwicklung so aufmerksam verfolgt. Und noch seltener ist man Tag für Tag erst begeistert und dann frustriert: Bei klarem Himmel machte heftiger Südostwind es einem schwer, an Berge überhaupt zu denken. Dazu Temperaturen um -10…-15° in 3000m Höhe, und das ohne den Windchill-Effekt. Und dennoch versprachen die Kundigen einem ein paar schöne Tage und wir fuhren los.
In Saas-Fee angekommen, quartieren wir uns im komfortablen „4000er-Wellnesshostel“ ein. Ich ging direkt schwimmen im im Preis beinhalteten Schwimmbad, dann packten für den morgigen Akklimatisierungstag zusammen. Doch wo sind meine Bergsachen???
Schon vor mehreren Tagen gepackt, legte ich eine Extratasche mit meiner Tourenbekleidung auf den Teppich, jetzt fehlte sie. Von den Socken bis zur Mütze war alles drin, hier hatte ich nur meine Anreisejeans und die Handschuhe…
Mit den Anreise- und Ersatzsachen von meinem Partner und mir (leichte Sofshellhose, mein Baumwoll-T-Shirt über seiner Termounterwäsche usw.) ging es auf die Eingehtour. Wir fuhren ganz unspektakulär mit der Seilbahn auf 3400m hoch und gingen dort spazieren. Ich rang schopn nach Luft, als wir aus der Bahn stiegen… Der Wind machte es einem auch wirklich unangenehm, besonders ohne eine Skibrille. Nach ein paar Stunden Spazierengehen kehrten zur Seilbahn zurück.
Der nächste Morgen war klar und windstill. Wie auch viele Skimannschaften, vor allem die der Jugendlichen, standen wir wieder an der Seilbahn Schlange. Erst gegen halb zehn ging es raus auf die Piste, direkt gegenüber der Nordflanke des Allalinhorns.
Apropos Nordflanke, Allalin usw. Wir hatten keinen blassen Schimmer, wo es hier hoch geht. Zu Hause wurde kaum etwas recherchiert und auf der Karte sah der Weg nicht eindeutig aus. Irgendwann begriffen wir, dass die am Vortag gesehene alte Spuren nicht dem Normalweg zuzuordnen sind, sondern ebendieser Nordflanke. Das erklärte auch ihre Steilheit… Da bei den aktuellen Verhältnissen der Normalweg eh zu gefährlich war, was man uns im Bergführerbüro bestätigte (die Spalten nur leicht angeschneit, keine tragfähigen Brücken, keine Spur), nahmen wir die von der Seilbahn bestens einsehbare Direttissima und stellten uns auf das bis zu 50° steile Eis ein.
Unten noch flacher und firnbedeckt, steilte sich das Gelände bald tatsächlich auf und wurde fast blank. Zum ersten Mal mit so etwas konfrontiert – Gehen auf den Frontzacken, brennende Waden, wenig Rastmöglichkeiten, Ausrutschen fatal – gewöhnte ich mich langsam daran und hatte kaum ein Auge für die Umgebung. Umso beeindruckender war deswegen die Ankunft auf dem Gipfel: Die ganze Walliser Bergwelt unter dem strahlenden Sonnenschein und keine Menschenspur weit und breit!!!
Wir kosteten den Augenblick aus, dachten aber auch bald an den Abstieg: Da der Normalweg nicht ging, mussten wir die gleiche Flanke wieder runter. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen…
Hat es jemand schon mal geschafft, im 50° steilen Eis die Schuhe, natürlich unter Steigeisenriemen und den Gamaschen versteckt, enger zu schnüren? Ich jedenfalls hatte keine Chance. Meine Fersen rutschten im Endeffekt quasi komplett aus den Stiefeln, jeder Schritt kostete enorm Kraft im Vorfuß (steif halten um den Stiefel anzubehalten) und die paar Meter bis zum Firn zogen sich ewig.
Aber dann war es geschafft!!!! Nur noch den Schnee (immer noch 40°) hinunter zu stapfen, bis zur Bahn laufen und das Leben genießen!!!! In der Bahn wurden wir übrigens direkt angesprochen: Da die Flanke sehr gut einsehbar und wie die einzigen darin waren, mangelte es wohl nicht an Zuschauern….
Allalinhorn war eine neue Erfahrung für mich und gut, dass die Route nicht sonderlich anspruchsvoll und lang ist. Die Aussicht oben entlohnte tausendfach für die lange Fahrt, fürs Frieren am Vortag und den doch etwas herausfordernden Abstieg. Auch waren wir beide stolz, das Seil mit gutem Gefühl im Rucksack gelassen zu haben. Das Einzige, was eher nicht mein Ding ist, waren die Talübernachtungen und das Bahnfahren. Trotzdem alles in allem: Wundeschöner Ausflug!