Zeltgespenst

…ist unterwegs!

SSW 23-26 Von Abgründen und Höhepunkten

Ich weiß nicht, wie die anderen es schaffen. Zu strahlen, scheinbar total glücklich ihren Bauch der Welt zu präsentieren und bis zum Mutterschutz zu arbeiten. Für mich ist jeder Tag ein Kampf: Zuerst aufzustehen, nachdem ich 1-2 Stunden abends und eine weitere morgens von 5 bis 6 Uhr geschlafen habe. Mich fertig zu machen, obwohl ich mich kaum auf den Füßen halten kann. Auf der Arbeit versuchen zu konzentrieren, bis mich die Übelkeit flach legt, meist noch am Vormittag. Das Mittagessen ist ein Highlight, auch wenn mir nicht danach ist, danach geht es mir aber bis zu einer Stunde besser. Doch schon am frühen Nachmittag wird es wieder zäh und die Müdigkeit gesellt sich zur Übelkeit dazu. Auch die FFP2-Tragepflicht macht es nicht besser. Danach nach Hause schleppen, sich über den Salat von meinem Freund freuen und wieder kaum essen können. Und dann schon wieder die Nacht, die ich größtenteils halbsitzend verbringe.

In der 26. Woche bekam ich nach einem Termin bei meiner Frauenärztin einen Beschäftigungsverbot. Von jetzt auf gleich fiel die eigentlich geliebte, jetzt aber nicht so einfache Arbeit weg. Nun schlief ich morgens von 5 bis 9 Uhr und verbrachte danach eine-zwei weitere Stunden im Bett, bevor es an die frische Luft ging. Es wurde einfacher, von „gut“ aber trotzdem weit entfernt.

In diesem Zustand wagten wir Mitte September eine erste Bergtour seit dem Bänderriss. Wir wussten nicht, ob und was funktioniert, und waren bereit, auch ein Wochenende auf der Hütte zu verbringen oder ganz unten, am Auto. Doch es ging viel besser als gedacht. Die vertraute Umgebung der wunderschönen Berge, frische Luft und die Fokussierung aufs Wesentliche (ein Schritt nach dem anderen) bewirkten Wunder. Das mussten wir wiederholen.

Doch bevor es wieder in die Alpen ging, stand noch ein besonderer Tag an: Wir heirateten. An einem herbstlich schönen Tag, mit einer unaufdringlich feierlichen Zeremonie draußen im Schlossgarten. Dank der Pandemie konnten wir auf eine große Feier verzichten und fuhren stattdessen am nächsten Morgen, ohne dazwischen zu Hause vorbeizukommen, in die Silvretta. Hier lief es zwar nicht ganz so rund und schön wie in der Schweiz eine Woche vorher, das Bündnis wurde aber auf eine wundervolle Weise verfestigt.

Nun begann ein neuer Abschnitt der Schwangerschaft – der ohne Arbeit. Vieles ging besser und einfacher, bis ich mich einigermaßen wohl gefühlt habe, dauerte es aber noch sicher 1,5-2 Monate.