Zeltgespenst

…ist unterwegs!

SSW 5-8: „Mit Kater in 5000m Höhe“

Man sagt, die ersten und die letzten Schwangerschaftswochen sind die unangenehmsten. Doch niemand weiß, wie es bei ihm bzw. ihr sein wird – bis frau selbst drin steckt und sich möglicherweise jetzt schon fragt, wie lange das Ganze noch dauert. Auch bei mir ging es so los: Während ich in der 5. Woche gerade noch fröhlich herumhüpfte, bereitete sich der Körper auf Großes vor und machte in der 6. Woche ernst.

SSW 6

Ein langes freies Wochenende lasse ich mir nicht entgehen, veranstalte das Wetter was es will. Wir fuhren in den Schwarzwald und stiegen auf einem schönen, steilen Wanderweg zu den Felsen hinauf, ich – aus der Puste trotz des Schneckentempos. Schon bei der Anfahrt wurde mir flau im Magen (wenn nicht zu sagen speiübel) und nun, bei dichten Wolken, kaltem Wind und knapp 10° Lufttemperatur hielt sich die Kletterlust sehr in Grenzen. Also suchten wir uns die leichteste Route aus, ich kletterte los – und kam keine 10m weit. Ungewohntes Gestein, eiskalte Finger und einige Meter bis zur nächsten Sicherung gesellten sich zum Gefühl, welches ich nur „Kater in der Höhe“ nennen kann: Luftnot, Übelkeit, Schwindel, unsichere Bewegungen, schummriger Kopf – und zur guten Letzt massiv schmerzende, geschwollene Brust. Ich baute am erstbesten Haken um, kam runter und zog den eng sitzenden Top unter der Jacke aus – immerhin war der Busen nun glücklich. Dass ich gerade in einer Route im 3. Grad aufgegeben habe, war irrelevant – ich wollte nur noch ins warme Bett und mich nicht mehr bewegen. Wir kletterten noch eine Route und stiegen ab – nach einem Apfel und warm gelaufen ging es auch ein kleines bisschen angenehmer.

Auch die nächsten Klettertage liefen nicht viel besser. Ich stieg nur im 4. Grad vor (und im 5. nach), mein Freund versorgte mich mit Gemüse und Wasser und wir fuhren zeitig heim. Lediglich einfaches Wandern im Schwarzwald machte ein wenig mehr Spaß – wäre ich fit gewesen, hätte ich wohl nie erfahren, wie schön die Schluchten dort sind. Das Fazit des Wochenendes blieb aber eindeutig: So zu klettern macht weder Sinn noch Spaß.

SSW 7: Kann man es eigentlich noch kündigen?

Müde, so unendlich müde… Der Bauch ist zu einer Kugel aufgebläht und tut weh, die Übelkeit ist praktisch den ganzen Tag und nicht selten auch nachts da. Die Arbeit macht keinen Spaß mehr. Jeder Spaziergang ist anstrengend und nach einer ganz lockeren Runde auf dem Rollentrainer wurde mir ganz schlecht. Eines Tages gab ich auf, ging früher von der Arbeit heim und legte mich hin – das Gefühl ist nur mit dem Gefühl vergleichbar, nach einem Ultramarathon im Ziel endlich liegen zu dürfen. Fenster auf, in eine warme Decke einwickeln, Wolken gucken, ab und zu einen Happen essen.

Erhöhtes Schlaf- und Schutzbedürfnis, Brechreiz, Geruchsempfindlichkeit – der kleine Untermieter randaliert gewaltig in meinem, im Moment aber so fremden Körper. Und Fakt ist, dass mir die Bewegung gerade nicht guttut, weder das Spazierengehen noch irgendwelche Yogaübungen noch lockeres Radfahren. Dafür fragen Freunde jeden Tag, was wir im Sommer vorhaben…. ich will meinen Körper und meine Freiheit zurück!

SSW 8: Am Berg

2185m. Ganze 1100hm zu überwinden, früher ein Klacks. Mit einem 2,5kg schweren Rucksack ging es langsam und gleichmäßig hoch, Geschwindigkeit – maximal so um 300hm/h. Jede 1,5h brauchte ich eine Pause und eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken (an die Luxusversorgung durch meinen Freund könnte sich frau glatt gewöhnen) und es fühlte sich insgesamt anstrengend an, auch wenn ich kaum aus der Puste war. In der steilen Schneeflanke genoss ich die Spur, das glänzende Weiß und die Aussicht (endlich Berge!) und als es oben kraxelig wurde, ging es mir wie einem Fisch im Wasser. Wir hatten eine gewaltige Aussicht von oben und stiegen schnell und unproblematisch ab – nach unten war ich ganz die alte.

Auch am nächsten Tag machten wir einen Ausflug auf einen Berg, wobei ich fast schon Angst davor hatte, wieder aufsteigen zu müssen. Letztendlich gingen aber sowohl der Aufstieg im ruhigen Tempo als auch der zügige Abstieg ganz gut und mit etwas nachlassender Übelkeit wurde ich wesentlich optimistischer, was das Berggehen mit dem kleinen Wesen im Bauch angeht.

Insgesamt war die 8. Woche sehr inhomogen. Manchmal fühlte ich mich nicht mehr ganz so krank und die frische Luft tat gut, andererseits gab es immer noch ausreichend Momente, in denen frau nur noch in Bett wollte. Und es gab jeden Tag ein neues Wehwehchen – so muss es wohl im Alter sein…