07.-09.06.2014
Alles stehen und liegen zu lassen und sich nur auf den nächsten Schritt zu konzentrieren. Den trockenen, rauen Fels unter den Fingern zu spüren, sich wieder an die Blicke in die Tiefe zu gewöhnen und die über den Winter etwas eingerosteten Bewegungsabläufe zu entstauben – Wünsche an das Pfingstwochenende waren seit langem klar. Ohne viel zu diskutieren, einigten wir uns auf die Meilerhütte im Wettersteingebirge, die neben dem Winterraum mit schöner Lage und mehreren interessanten Touren punktet – ein perfektes Basislager für ein langes Wochenende.
Wie so oft, reiste ich über Nacht an und traf mich mit meinem Partner in Garmisch, wo er bereits eine Nacht verbracht hatte. Die Busfahrt Köln-München war suboptimal: Selbst für mich als mittelgroße Person waren die Abstände zu den Vordersitzen zu klein, um einigermaßen entspannen zu können. Deswegen, aber auch angesichts der großen Hitze war ich etwas zurückhaltend, was die 1600hm des Aufstiegs betraf, mit einer Kuchen-Pause im Schachenhaus kamen wir aber insgesamt recht stressfrei hoch.
Noch am Abend – die Hütte öffnete spontan zwei Tage früher und unsere Winterraum-Nudeln blieben in Rucksäcken – überlegten wir die Ziele für morgen. Auf der einen Hüttenseite ging es zum als II-III° bewerteten Musterstein-Westgrat, auf der anderen – zur Partenkirchner Dreitorspitze, die mit nur einer Schlüsselstelle im III° etwas leichter erschien. Ihr Anblick von der Hüttenterrasse aus war jedoch durchaus Respekt einflößend, außerdem lag im Schlüssel-Kamin noch Schnee.
Direkt von der Hütte loskraxeln – traumhaft. Im Fels, der fester war, als es von unten aussah, kamen wir in wenigen Minuten auf den Grat und und später knapp unterhalb des Bayerländerturms, von wo wir erstmal etwas irritiert das steile Gelände vor uns anschauten. Aber wieder ging es besser als erwartet und nur im oberen Bereich haben wir sicherheitshalber – und zum üben – etwas gesichert.
Einzig die Schlüsselstelle hatte es in sich: Dort, wo man normalerweise fast senkrecht einen Kamin aufsteigt und einen eingeklemmten Felsblock unterklettert, lag jetzt noch ordentlich Schnee und wir mussten über den Felsblock drüber. Mit ein paar zweifelhaften Zwischensicherungen stieg mein Partner vor und nach ein paar nicht ganz eleganten Bewegungen war auch ich oben.
Das Gelände wurde wieder einfacher, unterschritt aber nur selten den 2. Grad. Selbst die letzten Meter zum Gipfel (2606m) – laut Gipfelbuch waren wir erst die vierten, die 2014 hier hoch gekommen sind – wurde gekraxelt.
Weiter ging es auf der anderen Seite des Nordostgipfels. Im ständigen Auf und Ab und jetzt bei teilweise schlechterer Felsqualität führte uns der Grat über den Mittel- (2626m) zum Westgipfel. Gehgelände gab es dabei relativ wenig, meist bewegte man sich im guten 2. Grad.
Vom Westgipfel (2633m) ging es einfach über einen versicherten Steig nach unten (Hermann-von-Barth-Steig). Jetzt lag vor uns eine geschlossene Schneedecke und der Weg zurück zur Hütte wurde zum anstrengendsten Teil des Tages.
An der Hütte, die über kein trinkbares Wasser verfügt, wurden erstmal die von der Sonne ordentlich strapazierten Flüssigkeitsvorräte aufgefüllt. Zusammen mit zwei sächsischen Mädels genossen wir den Abend, lachten und wunderten uns über die Elbsandstein-Geschichten.
Am Pfingstmontag ging es in aller Frühe auf die sich direkt über der Hütte befindende Westliche Törlspitze und weiter auf den Musterstein-Westgrat. Ganz ohne Gepäck wollten wir nur soweit steigen, wie wir Lust haben, den Sonnenaufgang genießen und zum Frühstück zur Hütte absteigen.
Da durch die Musterstein-Südwand unzählige Kletterrouten führen und Kletterer dann zur Hütte absteigen, gibt es inzwischen einen brauchbaren Pfad unterhalb des Grates. Wenn man tatsächlich jeden Turm des Grates mitnimmt, würde meiner Meinung nach die Bewertung „bis III“ nicht ausreichen.
Nach dem Frühstück ging es wieder runter ins Tal. Kurz vor der Partnachklamm bogen wir zum Fluss ab und ließen es uns nicht nehmen, ins kühle Nass zu „springen“. Das bisher heißeste Wochenende des Jahres ging auch an Bergen nicht vorbei und die Sachen waren nass vor Schweiß.
Während sich oben Gewitter zusammenbrauten, spärlichst bekleidete Touristen aber immer noch uns entgegen kamen, stiegen wir nach Garmisch-Partenkirchen ab und wurden von den Kletterinnen zum Bahnhof gebracht. Über die Rückfahrt, die unwetterbedingt schließlich um 2 Uhr nachts in Frankfurt im Hotel vorzeitig endete, erzähle ich nicht mehr viel….
Nach einem kurzen Besuch zu Hause schaffte ich es mit nur 2h Verspätung auf die Arbeit und „leuchtete“ bestimmt noch eine Woche lang. Es war ein Top-Wochenende, das Lust auf mehr machte – gut, dass der Sommer erst beginnt!
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